Das Kavallerie-Regiment 6
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und seine Aufklärungsabteilungen

 

Aus der Geschichte des Kavallerie-Regiments 6



(Text:  Rittmeister Heinrich-Walter Bronsart von Schellendorf, Fotos: privat)



Aus Resten von sechs zum Teil ältesten Kavallerie-Regimentern der alten Armee ist das Kavallerie-Regiment 6 entstanden.
Es ist unmittelbar hervorgegangen aus:

dem  1. Brandenburgischen Dragoner-Regiment Nr. 2 (Stiftungstag 24. April 1689, ehem. Garnison Schwedt (Oder),


dem Grenadier-Regiment zu Pferde Frhr. v. Derfflinger (Neumärkisches) Nr. 3 (Stiftungstag 29. Dezember 1704, ehem. Garnison Bromberg),


dem Kürassier-Regiment Königin (Pommersches) Nr. 2 (Stiftungstag 2. April 1717, ehem. Garnison Pasewalk),


dem 2. Pommerschen Ulanen-Regiment Nr. 9 (Stiftungstag 7. Mai 1860, ehem. Garnison Demmin),


dem Dragoner-Regiment von Arnim (2. Brandenburgisches) Nr. 12 (Stiftungstag 27. November 1866, ehem. Garnison Gnesen),


dem Jäger-Regiment zu Pferde Nr. 6 (Stiftungstag 21. März 1910, ehem. Garnison Erfurt).

Nachdem diese sechs alten Regimenter, obwohl der Friede längst unterzeichnet war, ausnahmslos mit ihren letzten Resten im Grenzschutz für deutsche Erde gekämpft und geblutet hatten, wurden sie am 29. März 1920 zum damaligen 6. (Preußischen) Reiter-Regiment vereinigt. Dieser Tag ist somit der Gründungstag des Regiments.
Im einzelnen wurde aus den Resten der Stammregimenter gebildet:

Die 1. Schwadron aus dem Kürassier-Regiment Königin, das zu der Zeit aus einer MG-Abteilung beim Reichswehr-Kavallerie-Regiment 2 in Pasewalk und zwei Schwadronen im Grenzschutz bei Flatow bestand. Von den beiden Grenzschutz-Schwadronen wurde eine (1. Schwadron) aufgelöst, so daß nunmehr eine Grenzschutz-Schwadron und die MG-Abteilung übrig blieben. Aus letzterer wurde der Maschinengewehrzug des Regiments gebildet.

Die 2. Schwadron aus dem Dragoner-Regiment 2, das sich Anfang 1920 noch aus 2 Schwadronen (1. und 4. Schwadron) und einer MG-Abteilung beim Reichswehr-Kavallerie-Regiment 15 in Schwedt (Oder) zusammensetzte. Auch hier wurde nun eine Schwadron (die alte 4.) aufgelöst, so daß nunmehr eine Schwadron und die MG-Abteilung vorhanden war.


Die 3. Schwadron aus dem Grenadier-Regiment zu Pferde 3, das außer dem Rest beim Reichswehr-Kavallerie-Regiement 102 in Demmin eine Schwadron im Grenzschutz Flatow hatte, die Ende Februar 1920 nach Demmin herangezogen und hier mit dem Rest des Regiments zu einer Schwadron verschmolzen wurde.


Die 4. Schwadron aus dem Jäger-Regiment zu Pferde 6, dessen Restschwadron bis Anfang 1920 zum Verbande des Reichswehr-Kavallerie-Regiments 103 in Brandenburg (Havel) gehörte und von hier im Frühjahr 1920 nach Schwedt (Oder) verlegt wurde.

Die 5. (Ausbildungs-) Schwadron aus der Restschwadron des Dragoner-Regiments 12, die sich z. Z. der Aufstellung bereits in Pasewalk beim Reichswehr-Kavallerie-Regiment 2 befand.

Die 6. Schwadron aus dem Ulanen-Regiment 9, von dem noch eine Radfahrschwadron beim Reichswehr-Kavallerie-Regiment 102 in Demmin und zwei Schwadronen im Grenzschutz gegen Polen vorhanden waren. Diese drei Schwadronen wurden ebenfalls im Frühjahr 1920 ui einer Schwadron in Demmin vereinigt.

Im März 1920 trat durch den sogenannten Kapp-Putsch eine Unterbrechung der Aufstellungsarbeiten ein. Die Folge des Putsches waren überall Unruhen und Streiks, zu deren Unterdrückung die Truppe eingesetzt werden mußte.

Von Pasewalk aus kam es am 16. März 1920 zu Zusammenstößen zwischen einem Stoßtrupp der Garnison unter Führung von Oberlt. v. Eisenhart-Rothe und bewaffnetem Zivilisten in der Rothenmühler Forst, bei denen drei Zivilisten erschossen und 26 gefangengenommen wurden. Am 17. März - auf dem Rücktransport des Stoßtrupps mit Lastkraftwagen - fiel Vizewachtmeister Wiese (D. 12), 5. (Ausbildungs-)Schwadron Reiter-Regiment 6, bei einem Überfall durch Torgelower Kommunisten unweit des Bahnhofs Jatznick.

Noch weit blutiger und verlustreicher verlief ein Zusammenstoß der Demminer Garnison - Garnisonsältester Major Auer von Herrenkirchen -, die am 22. März den Auftrag erhielt, das etwa 25 Kilometer nordwestlich Demmin gelegene mecklenburgische Städtchen Gnoien von bolschewistischen Horden zu säubern, da diese die ganze Gegend terrorisierten und eine unmittelbare Gefahr bildeten. Es kam zu einem schweren Gefecht der Grenadier-Schwadron (Chef Rittmeister Frhr. v. Wilmowsky) mit den bis an die Zähne bewaffneten Zivilisten, in dessen Verlauf die Leutnants v. Heyden und v. Lenski (Werner), Sergeant Rheinländer, Fahnenjunker-Unteroffizier v. Reichenbach, Gefreiter Waldmann und Knuth und Grenadier zu Pferde Stiewe den Heldentod fanden.

Dies waren die ersten Toten des Regiments. Mit Ausnahme der Leutnants v. Heyden und v. Lenski, deren sterbliche Überreste nach Ostpreußen überführt wurden, liegen sie alle auf dem Friedhof in Demmin an einem gemeinsamen Platz begraben.
Ein Unteroffizier und vier Mann wurden außerdem verwundet.

Die Garnison Schwedt sorgte während des Kapp-Putsches unter Führung des Majors v. Selchow im Städtchen für Ruhe und Ordnung. Auch von hier aus mußte ein Detachement der 2. und 4. Schwadron unter Rittmeister v. Czettritz entsandt werden, da die Bürger aus Gartz (Oder) um Hilfe gegen plünderndes Gesindel gebeten hatten. Es kam aber zu keinem Gefecht, und die Abteilung konnte ohne Verluste zurückkehren.

Nachdem der Kapp-Putsch erledigt und wieder Ruhe eingetreten war, wurden die Aufstellungsarbeiten für das neue Regiment weitergeführt und beendet.
In der ersten Zeit nach Aufstellung des Regiments führten die einzelnen Schwadronen noch folgende Zusatzbezeichnungen, die später fallen gelassen wurden:
1. Schwadron: „Kürassiere Ansbach-Bayreuth“,
2. Schwadron: „Brandenburgische Dragoner“,
3. Schwadron: „Derfflinger-Grenadiere zu Pferde“,
4. Schwadron: „Jäger zu Pferde“,
5. Schwadron: „Arnim-Dragoner“,
6. Schwadron: „Demminer Ulanen“,
MG.-Zug: „Ansbach-Bayreuth“.

Die 5. Schwadron war Ergänzungs-Schwadron des Regiments und bildete als solche jahrelang die gesamten Rekruten aus. Erst im Jahre 1928 wurde sie zur gewöhnlichen Feldschwadron umorganisiert. Um die Gleichmäßigkeit der Ausbildung sämtlicher anderer Schwadronen zu gewährleisten, wurde nicht, wie zuerst vorgesehen, die 6. Schwadron für ständig als Divisions-Kavallerie der 2. Division bestimmt, sondern in dieser Beziehung jährlich innerhalb der fünf Schwadronen gewechselt.


Als Bekleidung wurden zunächst die alten grauen Felduniformen (Koller, Waffenrock und Ulanken) mit geringen Änderungen aufgetragen, und es dauerte einige Jahre, bis das Regiment einheitlich uniformiert war. Es gab zwar für den Truppenübungsplatz und für die Manöver auch schon in der ersten Zeit bald eine Einheitsgarnitur, in der Garnison aber waren zunächst die Schwadronen mit ihrer Tradition entsprechend als Kürassiere, Ulanen, Jäger oder Dragoner zu unterscheiden.

Die einzige Schwadron des Regiments, die ein Traditionsabzeichen beibehalten durfte, war zunächst die 2. Schwadron, welche aus den Resten des ehemaligen 2. Dragonner-Regiments hervorgegangen war. Diese führte den alten Schwedter Adler, jedoch ohne Krone und Devisenband, weiter an der Mütze und durfte den alten Dragonersäbel mit Greifenkopf als Seitenwaffe weiterbenutzen. Ab 1926 galt das gleiche für die 4. Schwadron.

Der 1. Kommandeur des Regiments, gleichzeitig der letzte Kommandeur des Kürassier-Regiments Königin, war der damalige Oberst v. Knobelsdorff, der auch bereits Kommandeur des zur Zeit des 200 000-Mann-Heeres in Pasewalk stehenden Reichswehr-Kavallerie-Regiments 2 gewesen war.

Am 1. Mai 1920, als das 6. (Preußische) Reiter-Regiment als solches gerade einen Monat bestand, wurde Oberst v. Knobelsdorff als Kavallerie-Brigade-Kommandeur nach Altona versetzt. Sein Nachfolger wurde Oberstleutnant v. Löbbecke. Dieser behielt das Regiment aber nur zwei Monate bis zum 1. Juni, und zum Regimentskommandeur wurde nunmehr der bisherige Standortälteste von Schwedt, Oberstleutnant v. Selchow, ehemaliger 2. Dragoner, ernannt. Er trat aber die Stellung nicht an, sondern reichte seinen Abschied ein und bat bis zur Entscheidung um Urlaub. Er war somit nur Kommandeur des Regiments vom 1. bis 15. Juni 1920.

Inzwischen waren die Brigadekommandeurstellungen von der Entente verboten worden. Die Brigaden wurden aufgelöst, und Oberst v. Knobelsdorff kehrte nach Pasewalk zu seinem alten Regiment als dessen nunmehr undgültiger Kommandeur zurück.

Aus den ersten Lebensjahren des Regiments sind besonders erwähnenswert die zahlreichen Besuche der internationalen Kontrollkommissionen. Hierbei sei erwähnt, daß diese Kommissionen sehr oft mit schriftlichen Unterlagen erschienen, aus denen hervorging, daß es damals in deutschen Landen Verräter gab, die für einen Judaslohn den Fremden anzeigten, wo treue deutsche Offiziere und Unteroffiziere Waffen und Ausrüstungsgegenstände versteckt hatten, um diese der Kontrolle zu entziehen und in bessere Zeiten hinüberzuretten. Einmal erlebte eine der Kommissionen allerdings eine rechte Enttäuschung: Sie kam angereist, weil hinter einer Reitbahn unter einem Schuppen ungezählte Stahlhelme versteckt sein sollten. Es waren aber etwa 1000 Kürassierhelme, deren jedem durch einen Hieb mit einer Beilpieke der Schädel eingeschlagen war ...

Im Übrigen vergingen die ersten Jahre in stiller und fleißiger Arbeit. Die Schwadronen und somit das Regiment wurden innerlich gefestigt und lernten fühlen, daß dieses neue 6. (Preußische) Reiter-Regiment ein stolzes und schönes Regiment war, dem die ältesten und ruhmreichsten Kavallerietraditionen, die es in Ehre zu führen hatte, zum Vorbild dienten.

Der Geist des Regiments war vorzüglich. Das ergab sich schon daraus, daß die einzelnen Schwadronen aus solchen alten Regimentern hervorgegangen waren, die unberührt durch die Revolution und gefestigt in ihrer Manneszucht von der Front des großen Krieges zurückkehrten.

Auch das Unteroffizierkorps entstammte ausnahmslos diesen alten Regimentern, und die Geschlossenheit des Offizierskorps festigte nicht nur dieses sofort in sich selbst, sondern umschloß und verband miteinander gleichzeitig alle Unteroffiziere und Mannschaften des Regiments. So kam es, daß in kürzester Zeit bei jedem Regimentsangehörigen das Zusammengehörigkeitsgefühl empfunden wurde, ebenso wie der Stolz, diesem schönen Regiment anzugehören.

Auch mit der Zivilbevölkerung bestand ein gutes Verhältnis. Wenn zunächst naturgemäß infolge der politisch so unruhigen Zeiten Reibereien hin und wieder nicht zu vermeiden waren, so kann man doch sagen, daß Pasewalk, Schwedt und Demmin sich ihrer alten und großen Tradition würdig erwiesen haben.

In diesem Zusammenhang verdient ein Offizier des Regiments Erwähnung, der sich in den ersten Jahren des Bestehens des Regiments um das gute Einvernehmen zwischen diesem und der Bevölkerung besonders verdient gemacht hat. Es war der damalige Chef der 4. Schwadron und Standortälteste von Schwedt, Rittmeister Frhr. von der Recke. Ursprünglich Königin-Kürassier in Pasewalk, wurde er noch vor dem Kriege zum neu aufgestellten Jäger-Regiment zu Pferde Nr. 6 in Erfurt versetzt und kam dann bei Kriegsende mit des Resten dieses Regiments, aus dem dann die 4. Schwadron entstand nach Schwedt und somit in das Reiter-Regiment 6. In Schwedt wurde er Standortältester, und man hätte keinen Geeigneteren finden können als ihn, um in der schwierigen ersten nachrevolutionären Zeit die Truppe zusammenzuschweißen und widerstrebende Teile der Bevölkerung zur Achtung vor dem Militär zu erziehen. „Erziehen“ ist der einzig richtige Ausdruck. Niemals warb er. Er herrschte. Aber jeder fühlte, daß der Rittmeister von der Recke alles mit dem Herzen tat, daß sich hinter seiner rauhen Schale wahrlich ein guter Kern verbarg. Er kannte keine krummen Wege. Er ging immer geradeaus. Wessen Gesinnung ihm mißfiel, dem sagte er es gerade ins Gesicht. Wer einmal den offenen Blick seiner ehrlichen blauen Augen auf sich gerichtet sah, der wußte: an diesem Mann ist kein Falsch. So gewann er aller Herzen in Stadt und Land, willig fügten sich auch die Widerstrebenden, und weit über die Grenze des Städtchens hinaus war er eine bekannte Persönlichkeit, die sich allgemeiner  Beliebtheit erfreute. Unzählige Geschichten, Dichtung und Wahrheit, wurden über ihn berichtet. Seine große Gestalt im hellgrünen Friedensüberrock der 6. Jäger zu Pferde mit der dicken Zigarre im Gesicht war aus den Straßen und auch vom Stammtisch bei Paege nicht hinwegzudenken. „Unser Jochen“ oder „unser Markgraf“ sagten die Leute - „er gehört dazu!“

Heute, wo diese Zeilen geschrieben werden, weilt er nicht mehr unter den Lebenden. Doppelte Pflicht ist es deshalb, seiner zu gedenken, wenn von der Geschichte des Regiments berichtet wird.

Am 15. Juni 1921 wurde Oberstleutnant von Stephany an seiner Stelle des in den Ruhestand tretenden, inzwischen zum Generalmajor beförderten Oberst von Knobelsdorff zum Regiments-Kommandeur ernannt.

In den Jahren 1923/24 erfolgten die Einweihungen der verschiedenen Gefallenen-Denkmäler der Traditions-Regimenter in Pasewalk, Schwedt und Demmin. Von den Denkmälern der beiden Traditions-Regimenter, deren alte Garnisonen im heutigen Polen liegen, fand das der 12. Dragoner seinen Platz im Standort der Traditions-Schwadron Pasewalk, während das der Grenadiere zu Pferde in Treptow a. R. errichtet wurde. Treptow war auch einstmals Garnison des alten Regiments gewesen.

Der Dienstbetrieb und die Zeiteinteilungen für Sommer und Winter waren in kürzester Zeit nach Gründung der Reichswehr in geregelte Bahnen geleitet, wie einst in der alten Armee. So begab sich das Regiment in jedem Sommer auf einen Truppenübungsplatz, im allgemeinen Döberitz, Altengrabow oder Jüterbog, während im Herbst Manöver stattfanden, die sich zunächst in kleinerem Rahmen abspielten. Die ersten größeren Manöver fanden im Herbst 1923 in Pommern statt. Das 6. (Preußische) Regiment war daran beteiligt.

Aus Anlaß des Putsches des Majors a.D. Buchrucker (Küstrin), Oktober 1923, erfolgte eine Alarmierung der Schwedter Garnison. Beide Schwadronen wurden auf Küstrin in Marsch gesetzt. Ein Einsatz war aber dann nicht mehr notwendig.

Im Sommer 1924 wurde erstmalig die 1. Kavallerie-Division, mit Ausnahme der beiden ostpreußischen Regimenter, auf den Truppenübungsplatz Altengrabow zusammengezogen. Von allen Schwadronen der Regimenter waren die „alten Herren“ ihres Stammregiments eingeladen worden, denen Gefechtsübungen, denen Gefechtsübungen auf dem Truppenübungsplatz vorgeführt wurden.

Im September 1925 fanden in Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz größere Manöver mit einer für die damalige Zeit erhebliche Beteiligung von Truppen aller Waffen statt.

Die Truppen hatten die hohe Ehre, unter den Augen ihres höchsten Vorgesetzten, des Herrn Generalfeldmarschalls und Reichspräsidenten von Hindenburg, ihr Können zu zeigen. Es war das erstemal, daß der Generalfeldmarschall in seiner Eigenschaft als Reichspräsident Manövern der Reichswehr beiwohnte. Die Begeisterung sowohl bei der Truppe wie auch in den Mecklenburgischen Landen war riesengroß. Selbst in den kleinsten Dörfern war jedes Haus beflaggt und bekränzt und über die Straßen waren große Transparente gespannt, die den ehrwürdigen Generalfeldmarschall willkommen hießen.

Am 12. September nahm der Herr Generalfeldmarschall einen Parademarsch aller an den Manövern beteiligten Truppen ab. Das 6. (Preußische) Reiter-Regiment erntete höchste Anerkennung, die durch Regimentsbefehl bekanntgegeben wurde. Am Abend fand auf dem Turnierplatz von Neubrandenburg ein großer Zapfenstreich der verstärkten 2. Division statt, an dem auch das Trompeterkorps des Regiments unter der Stabführung des Obermusikmeisters Klamberg teilnahm. Letzterer leitete den gesamten Zapfenstreich der berittenen Truppen.

Am 31. Januar 1926 wurde der inzwischen zum Oberst beförderte Regiments-Kommandeur verabschiedet. Bei seiner Verabschiedung wurde er zum Generalmajor befördert. Generalmajor a.D. von Stephany ist seitdem seiner alten Garnison treu geblieben und wohnt, wie sein Vorgänger, Generalmajor von Knobelsdorff, noch heute dort. Sein Nachfolger wurde Oberstleutnant v. Livonius.

Im Jahre 1926 mußte die 4. Schwadron in Schwedt, die bisher die Tradition des Jäger-Regiments zu Pferde Nr. 6 geführt hatte, diese abgeben. Die ehemaligen Jäger waren, als Erfurt durch Verlegung einiger Schwadronen des Reiter-Regiments 16 wieder Kavallerie-Garnison wurde, an das Reichswehr-Ministerium mit der Bitte herangetreten, einer dieser Erfurter Schwadronen die Pflege der Tradition des Jäger-Regiments zu Pferde Nr. 6 zu übertragen. Das Ministerium entsprach diesem Wunsche und bestimmte als Träger der Jäger-Tradition die 6. Schwadron des Reiter-Regiments 16, während die 4. Schwadron des Reiter-Regiments 6 den Befehl erhielt, gemeinsam mit ihrer Schwesterschwadron, der 2., die Pflege der Tradition des alten Schwedter Regiments, der 2. Dragoner, fortzuführen.

Kaserne in Pasewalk

Das war für die 4. Schwadron, die an ihrer Tradition hing, zunächst nicht leicht. Schließlich war sie ja doch direkt aus dem Jäger-Regiment hervorgegangen, und eine Anzahl der alten Jäger diente noch in ihren Reihen. Auch der Schwadronchef, der inzwischen zum Major beförderte Frhr. v. d. Recke, hatte keine Freude an dem Wechsel. Im Gegenteil, er hatte einen rechten Zorn im Leibe, jeden Morgen hatte er seine Schwadron mit dem Ruf „Guten Morgen Jäger!“ begrüßt - Und nun sollten das auf einmal über Nacht Dragoner geworden sein! Aber es half nichts, und schließlich war in diesem Falle die Notwendigkeit des Wechsels einzusehen. Die Umgebung Schwedts, die uralte Garnison der 2. Dragoner, die schon mit der 2. Schwadron bestehenden engen und herzlichen Bindungen mit den Kameradschaften des alten Regiments machte es auch der 4. Schwadron leicht, sich von nun an als Dragoner fühlen zu lernen. Natürlich war hierzu eine gewisse Übergangszeit notwendig, aber als drei Jahre später die 2. Dragoner zu einem großen Regimentstreffen nach Schwedt kamen, wurde sie von der 4. genau so traditionell-kameradschaftlich empfangen wie von der 2.

Die ehemaligen Dragoner selbst waren, wie leicht verständlich, von diesem Wechsel sehr begeistert. Waren sie somit doch das einzige Regiment der alten Armee, dessen Tradition durch zwei Schwadronen weitergeführt wurde, gab es doch in ihrer alten Garnison Schwedt fast ein Halbregiment Dragoner!

Mit dem 1. Februar 1927 übernahm Oberstleutnant Braemer als Kommandeur das Regiment.

Ende September 1927 fand in Schwedt ein großer Zapfenstreich zu Ehren des scheidenden ehemaligen Inspektuers der Kavallerie, Generals der Kavallerie von Poseck, statt. General der Kavallerie von Poseck, der bei Kriegsausbruch Kommandeur des 1. Brandenburgischen Dragoner-Regiments Nr. 2 in Schwedt gewesen war und während des Krieges später in mehreren Generalstabs- und führenden Stellungen Verwendung gefunden hatte, war auch nach dem Kriege und nach seiner Ernennung zum Inspekteur der Kavallerie in Schwedt wohnen geblieben. Er war somit dem Regiment nicht nur durch die Tradition, sondern auch durch seine ständige Nähe und das Zusammenleben mit der Schwedter Garnison besonders eng verbunden.

Dem alten Kommandeur des Schwedter Dragoner-Regiments bewahrte die Schwedter Bevölkerung eine treue Anhänglichkeit, ebenso aber fand er Achtung und Verehrung bei allen Soldaten auf Grund seines gütigen und wohlwollenden Wesens. Ganz besonders zeigte sich dies natürlich beim Regiment und hier wieder in erster Linie bei den Schwedter Schwadronen, der 2.  und 4.  Man hätte meinen können, daß die Anwesenheit eines so hohen Waffenvorgesetzten in so einer kleinen Garnison wie Schwedt störend oder hemmend hätte wirken müssen. Niemals war dies der Fall! Der General ließ sich zwar sehr oft bei den Schwadronen sehen. Er kam dann aber niemals in seiner Eigenschaft als Vorgesetzter, sondern nur als der passionierte Reitersmann, der er war und heute noch ist. So ritt er einen ganzen Winter hindurch bei der 2. Schwadron eine Remonte, und bezeichnend ist, daß er sich nicht vom Schwadronchef ein leicht zu reitendes Pferd geben ließ, sondern sich eine der schwierigsten Remonten aussuchte. Auch wenn Pferdeschwimmen war, war er oft dabei und schwamm seine Pferde stets selbst über die Oder. Auch höheren Orts hatte man die enge Zusammengehörigkeit zwischen dem General und dem Regiment erkannt und diesem dadurch sichtbaren Ausdruck gegeben, daß dem General die Uniform des Regiments verliehen wurde, zu welcher er das stolze Erinnerungszeichen seines einstigen Regiments, den Schwedter Adler an der Mütze trägt, dasselbe Abzeichen, das auch von der 2. und 4. Schwadron geführt wird.

Der Abschied des Generals der Kavallerie von Poseck von Schwedt und dem Regiment wurde mit einer Reiterjagd und dem schon erwähnten großen Zapfenstreich und einem Abschiedsfest im Kasino begangen.

Der große Zapfenstreich wurde durch den Chef der zweiten Schwadron, Rittmeister von Arnim, kommandiert, Zugführer waren die Leutnante von Lewinski und Hermann. Das Trompeterkorps war zu diesem Zweck aus Pasewalk nach Schwedt kommandiert worden.

Nach der Abschiedsfeier im Kasino, bei welcher Oberstleutnant Braemer als Regimentskommandeuer und Rittmeister von Arnim als Standortältester von Schwedt dem General den Dank des Regiments und der Schwedter Garnison und die besten Wünsche für die Zukunft übermittelten, fuhr dieser mit einem Viererzug, auf dessen Bock neben dem Fahrer eine Ordonnanz in Paradeuniform der Schwedter Dragoner saß, eskortiert durch zwei berittene Züge, nach Hause zu seiner Wohnung an der Schloßfreiheit.

Bei dieser Gelegenheit ritten unsere Reiter noch mit wehenden Lanzenflaggen. Nur noch ein einziges Mal sollte man dieses alte vertraute Bild dann sehen. Am 1. Oktober 1927 wurde die Lanze als Waffe der Kavallerie abgeschafft.

Die „Königin der Waffen“ mußte den Anforderungen einer neuen Epoche weichen! Sie verschwand aber nicht sang- und klanglos. Nein, ernst und feierlich wurde der Abschied von der Lanze begangen. In den drei Standorten des cRegiments Pasewalk, Demmin und Schwedt wurde noch einmal mit der alten Waffe ausgerückt und auf den Exerzierplätzen zu Pferde exerziert. Sodann erfolgte ein festlicher Einmarsch in die Stadt. Noch einmal flatterten die weißschwarzen Farben und der Brandenburger Adler auf weißem Felde an den angefaßten Lanzen, noch einmal erklangen die alten Kommandos und noch einmal nahm ein jeder dieses Bild mit wehmütigem Herzen in sich auf. In die Kaserne zurückgekehrt, marschierten die Schwadronen zur Paradeaufstellung auf und der Regimentskommandeur bzw. die Standortältesten hielten Ansprachen, in denen sie der alten traditionsreichen Waffe gedachten. Dann kam das Kommando „abgesessen“ und zum letzten Male führte der Reiter sein Pferd mit der geschulterten Lanze zum Stall.

Am 12. November 1927 besuchte der Chef der Heeresleitung, General der Infanterie Heye, plötzlich die Garnison Schwedt und begab sich von dort ebenfalls nach Pasewalk und Demmin. Über das, was er bei diesem plötzlichen Besuch gesehen hatte, sprach er seine volle Anerkennung aus.

Im September 1928 fanden in Schlesien interessante Manöver und Aufklärungsübungen des Gruppenkommandos 1 statt, an denen das Regiment beteiligt war. Am 22. September fand im Anschluß an das Manöver ein großer Zapfenstreich in Görlitz statt. Hieran waren 714 Musiker, Trompeter und Spielleute und 23 Musik- und Obermusikmeister beteiligt.

Auch diesmal nahm der Herr Reichspräsident den Parademarsch aller an dem Manöver beteiligten Truppen ab.

Im Jahre 1928 fanden einige Organisationsänderungen im Regiment statt. So wurde die bisherige 1. Schwadron aufgelöst und eine neue 1. Schwadron aufgestellt, die die bisherigen Sonderzüge, M.G.-Zug, Kavallerie-Geschütz-Zug und Nachrichten-Zug umfaßte. Die 5. Schwadron, bisher „Ausbildungsschwadron“, wurde Feldschwadron. Die 6. Schwadron wurde bis zum 1. Oktober 1929 in eine Divisions-Nachrichten-Schwadron umgegliedert. Sie gehörte also lediglich ausbildungsmäßig, aber nicht taktisch zum Regiment.

Am 1. Oktober wurde in Schwedt die Stelle eines Standortältesten neu geschaffen, der erste Standortälteste war der damalige Rittmeister Hewelcke.

Das Jahr 1929 stand besonders im Zeichen dse Tradition: Am 11. und 12. Mai trafen sich in Schwedt die ehemaligen 2. Dragoner und am 29./30. Juli in Demmin die ehemaligen Grenadiere zu Pferde.

In Schwedt wurde das 240jährige Regiments-Jubiläum begangen. Wenn auch der Gründungstag des Regiments der 24. April war, so war es doch schöner, die Feier dieses Tages im Mai zu begehen, als das kleine Schwedt sein schönstes Kleid angezogen hatte und die Kastanien an der Schloßfreiheit in vollster Blüte standen. Hunderte und aber Hunderte von alten Dragonern waren an diesem Tage zu ihrer alten Garnison gekommen, um mit den Kameraden beider Traditions-Schwadronen diesen Ehrentag ihres alten Regiments festlich zu begehen.

Und in Demmin war es nicht anders. Die Granadiere zu Pferde, die ihre alte Soldatenheimat Bromberg verloren hatten, waren das erstemal nach dem Kriege wieder vereinigt. Dort in Demmin, bei der 3. Schwadron, hatten sie ihre neue Heimat gefunden, und daß sie dort wahrhaft zu Hause waren, das zeigten diese beiden Tage treuer Kameradschaft mit der Traditions-Schwadron. Besonders feierlich war bei diesem ersten Treffen des alten Regiments nach dem Kriege die Anwesenheit der alten Standarte. Manch alter Grenadier gedachte des Tages im Jahre 1914, als die Standarte, von Feindeshand bedroht, durch den Standartenträger Sergeant Nowack unter Einsatz seines Lebens gerettet wurde. Nowack war bis zum 1. Juli 1926 Oberwachtmeister bei der 3. Schwadron des Reiter-Regiments 6.

Am Totensonntag des Jahres 1929 fand die Einweihung der Gefallenen-Gedenkhalle in Schwedt statt. Die ruhmbedeckte Standarte der ehemaligen 2. Dragoner war zugegen. Sie wurde von der als Standarten-Schwadron befohlenen 2. Schwadron von der Kaserne zur Gedenkhalle geleitet. Während der Feier stand sie am Altar.

Der Marsch auf den Truppenübungsplatz Neuhammer im Sommer 1930 führte das Regiment mit fast allen seine Teilen über Schwedt. Zwei Tage später marschierte das Regiment unter Führung des Divisions-Kommandeurs, Generalmajor v. Bock, mit Musik durch Frankfurt (Oder).

Marsch durch Küstrin, 1930

Ende Juni fanden in der Gegend von Stavenhagen in Mecklenburg Geländeübungen des Infanterie-Regiments 5 statt, an welchen die 3. Schwadron teilnahm. Die 6. Schwadron hielt ihre ersten Übungen als Divisions-Nachrichten-Schwadron im Raume Greifenhagen-Pyritz-Stargard ab. Ende August vfanden zwischen Randowbruch und Neubrandenburg Geländeübungen des Regiments statt. Anschließend an diese Übungen beteiligten sich noch die 2. und 4. Schwadron und ein M.-G.-Halbzug der 1. Schwadron an Geländeübungen des I.-R. 6 in Mecklenburg-Schwerin. Schließlich wurden auch noch an einer großen Rahmenübung, die Ende September in Thüringen stattfand, Abstellungen des Regiments beteiligt, so daß man mit Recht sagen kann, daß es im Jahre 1930 an Abwechslungen nicht gefehlt hat.

Am 30. Dezember 1930 wurde der bisherige Regiments-Kommandeur, Oberst Braemer, nach Ostpreußen als Kommandant von Insterburg versetzt. Seit dem November hatte er das Regiment infolge eines scxhweren Sturzes auf der Hubertusjagd in Pasewalk nicht mehr führen können. Er war damals am ersten Sprung gestürzt, hatte sich einen sehr komplizierten Armbruch zugezogen, war dennoch aber wieder aufgesessen und die ganze Jagd bis zum Halali mitgeritten.

Der neue Kommandeur war der Oberstleutnant von der Schulenburg, ein ehemaliger Schwedter Dragoner. Als solcher war er vor dem Kriege einige Jahre Regiments-Adjutant in Schwedt gewesen. Sein Kommandeur war der damalige Oberst von Poseck.

Am 1. April wurde der Standortälteste von Schwedt, der inzwischen zu diesem Dienstgrad beförderte Major Hewelcke, zum Reiter-Regiment 5 versetzt. Sein Nachfolger wurde Rittmeister von Blücher.

In das Jahr 1931 fällt wieder ein im besonderen Maße der Tradition gewidmeter Festtag. Am Hohenfriedbergtag, am 4. Juni, hatte die Traditions-Schwadron der Königin-Kürassiere (damalige 1. Schwadron) die Offiziere und Mannschaften des ehemaligen alten Regiments nach Pasewalk eingeladen. Eine große Anzahl der alten Soldaten leisteten diesem Rufe Folge, um in der an Erinnerungen reichen alten Garnison den jungen Kameraden von neuen Reichsheer die Hand zu reichen.

Im August gab es eine Abwechslung besonderer Art in der Garnison Schwedt. Unter Mitwirkung der beiden dortigen Schwadronen und des zu diesem Zweck nach Schwedt beorderten Trompeterkorps wurde der Tonfilm „Der schwarze Husar“ mit Konrad Veidt und Mady Christians in den Hauptrollen gedreht. Beide Schwadronen wurden vollständig als schwarze Husaren der Befreiungskriege eingekleidet, ebenfalls das Trompeterkorps. Auch beteiligte sich die Schwedter Bevölkerung in großen Mengen, entsprechend kostümiert. Da die Aufnahmen zufälligerweise an den heißesten Tagen dieses Jahres stattfanden und von morgens bis abends jedesmal währten, konnte man sich einen kleinen Begriff davon machen, wie unseren Reitervorfahren vor 100 Jahren mit dem hohen Kragen in der richtigen Sonnenhitze zumute gewesen sein muß.

Der Oberwachtmeister der der 2. Schwadron, Mittelstaedt, mußte einen französischen Kürassier-Wachtmeister zu Pferde markieren und als solcher allerhand Klettereien und andere reiterliche Kunststücke vollführen. Der betreffende Schauspieler konnte nämlich nicht reiten. Zu Fuß aber spielte er seine Rolle selbst!

Der schwarze Husar

Aus diesem Film stammt der seitdem beim Regiment ganz besonders beliebte charakteristische Reitermarsch, komponiert von Künnicke, „Blonde Husarenbraut“, der auch heute noch fast bei jedem Ausrücken vom Trompeterkorps gespielt wird.

Die Ufa entschädigte das Regiment für sämtliche Gestellungen reichlich. Von den Bareinnahmen stellte das Regiment den größten Teil dem Bürgermeister von Schwedt für die Armen der Stadt zur Verfügung.

Vom 1. August bis 1. Oktober 1931 war beim Regiment der amerikanische Captain Maddocks und vom 1. Oktober 1931 bis 1. April 1932 der kgl. schwedische Rittmeister Sjöberg kommandiert.

Am 1. Oktober 1931 wurde auch für Demmin ein besonderer Standortältester bestimmt. Der erste Standortälteste war Major von Reibnitz.

Hubertus-Jagd Demmin 1931


Einrücken nach der Jagd





Das Jahr 1932 stand von Anfang an im Zeichen der langen Märsche. In Anbetracht der großen Marschleistungen, die in den großen Manövern gefordert werden sollten, auf dem Rückmarsch von Truppenübungsplatz Jüterbog fand bei dem kleinen Städtchen Lindow in der Neuruppiner Gegend ein Luftbiwak statt, das mit dem großen Zapfenstreich beendet wurde.

Bei der am nächsten Tage erfolgten Rückkehr in die Garnison verbreitete sich per Extrablatt mit Windeseile die Kunde, daß die rote Preußenregierung Braun durch „einen Leutnant und zehn Mann“ festgesetzt worden sei. Eine Welle der Begeisterung schlug hoch. Glaubte man doch, dies sei nun endlich der Anfang einer neueren besseren Zeit. Plötzlich hingen aus allen Häusern die Fahnen heraus. Das Trompeterkorps trug auf Befehl des Regiments der allgemeinen Hochstimmung Rechnung und spielte über eine Stunde lang auf dem Marktplatz in Pasewalk preußische Armeemärsche.

Im Herbst fanden große Kavallerie-Manöver statt, die mit einer mehrere Tage durchlaufenden Übung im Kavallerie-Korpsverband endeten. Der Herr Generalfeldmarschall von Hindenburg war wieder zugegen. Wie immer, wurde der ehrwürdige alte Herr jubelnd von der Bevölkerung empfangen, und jeder Soldat, war er auch noch so müde vom langen Marsch, blickte mit leuchtenden Augen zu der schon fast sagenhaft gewordenen Erscheinung des großen Soldaten auf. Stundenlang stand der Generalfeldmarschall in Begleitung des das Manöver leitenden Chefs der Heeresleitung, General der Infanterie Frhr. von Hammerstein, an der Übersetzstelle an der Oder bei Fürstenberg, wo die 1. und 2. Kavallerie-Division über den Strom gingen.

Die Manöver verlangten ganz außerordentliche Leistungen von den Reiter-Regimentern. In den letzten Manövertagen wurden durchschnittlich etwa 90 Kilometer von der Kavallerie-Division in geschlossener Kolonne zurückgelegt, dazu kamen dann noch Gefechtshandlungen.

Trotz der größten Anstrengung wurden die in die Truppe gesetzten Erwartungen nicht enttäuscht, und hohe Anerkennung blieb nicht aus. Nach Rückkehr in die Standorte traf folgender Befehl der 1. Kavallerie-Division ein:

1. Kavallerie-Division
Abt.
Ia Frankfurt (Oder), den 24.9.1932
Das hinter uns liegende Manöver hat für Mann und
Pferd sehr große Anstrengungen gebracht. Trotzdem
ist die Division allen gestellten Anforderungen gerecht
geworden. Ich spreche allen Beteiligten Truppenteilen
für ihre ausgezeichneten Leistungen meinen Dank und
volle Anerkennung aus.
gez.: Frhr. von Fritsch


Es kam das Jahr 1933 und mit ihm die nationale Erhebung. Nun erfüllte sich die große Aufgabe, die der erste Chef der Heeresleitung, Generaloberst von Seeckt, dem Heer gestellt hatte: In aller Stille an sich zu arbeiten und sich zu vervollkommnen, um bereit zu sein. Nun war die Stunde gekommen. Dieses kleine, aber in seiner Art vollkommene Heer, wie kein anderes auf der Welt, stand zur Verfügung, um daraus ein neues und größeres wieder aufzubauen und um in den stürmischen Tagen des großen Umsturzes die Ruhe im ganzen Reiche zu garantieren.

Auch äußerlich wurde von höchster Stelle die innere Verbundenheit der Reichswehr mit der großen nationalen Bewegung sichtbar zum Ausdruck gebracht, indem aus der Reichskriegsflagge die schwarz-rot-goldene Gösch verbannt und an der Mütze die alte schwarz-weiß-rote Kokarde wieder eingeführt wurde. Auch am Stahlhelm wurde an Stelle des landsmannschaftlichen Abzeichens von nun an das schwarz-weiß-rote Wappenschild getragen. Der betreffende Erlaß des Herrn Reichspräsidenten kam gerade heraus, als in Pasewalk die Winterabschlußbesichtigungen stattfanden.

Am 22. April 1933 besuchte der Chef der Heeresleitung, General der Infanterie Frhr. von Hammerstein, den Standort und nahm Paradeaufstellung und Vorbeimarsch der Schwadronen auf dem Fußexerzierplatz in der Kaserne ab. Über das Gezeigte sprach er seine Zufriedenheit und Anerkennung aus.

Im Juni/Juli wurde dann das Regiment auf den Truppenübungsplatz Neuhammer am Queis verlegt, wo es wie immer mit dem Brigade-Regiment, den 5. Reitern, zusammen war. Eine große zweitägige Aufklärungsübung der Reiter-Regimenter 5 und 6 gegen die Reiter-Regimenter 3 und 4 unter Leitung der 1. Kavallerie-Division schloß sich der Übungsplatzzeit an.

Manöver 1933

Im September fanden die ersten Manöver im neuen Reiche statt. Die Reiter-Regimenter 5 und 6 wurden mit der 2. Infanterie-Division in Hinterpommern zu den Herbstübungen zusammengezogen. Bei Molstow endeten diese lehrreichen und anstrengenden Tage mit einer großen Parade vor dem Generalfeldmarschall von Mackensen.

Am 1. Oktober 1933 wurde der Standortälteste von Demmin, Major von Reibnitz, versetzt. An seine Stelle trat Major Schuckelt vom alten Brigade-Regiment der 5. Reiter.

Am 22. Dezember 1933 wurde auf Antrag der 2. und 4. Schwadron, der Traditions-Schwadronen der ehemaligen Schwedter Dragoner, wieder der alte Schwedter Adler verliehen. Durch Fortfall der Königskrone und der Inschrift des Devisenbandes „Mit Gott für König und Vaterland“ hatte die rote Regierung 1920 dieses stolze Traditionsabzeichen verschandelt.

Im Zusammenhang mit der Schwedter Tradition sei hier erwähnt, daß das Regiment im Jahre 1933 die alten historischen versilberten Pauken der Schwedter Dragoner wiedererwarb. In den Revolutionswirren des Jahres 1918 waren diese verschwunden und blieben es bis auf weiteres. Zwölf Jahre gingen ins Land, bis dem Regiment plötzlich und zufällig bekannt wurde, daß eine Stahlhelmkapelle in Stettin zu öffentlichen Konzerten die zwei versilberten Pauken der ehemaligen Schwedter Dragoner verwenden sollte. 

Die Nachforschungen ergaben, daß das Gerücht zutraf. Die Stahlhelmkapelle hatte die Pauken auch ordnungsgemäß von einem Berliner Instrumentenmacher gekauft. Welchen dunklen Weg sie indessen in der Zwischenzeit gegangen waren, war nicht mehr festzustellen. Nach längeren Verhandlungen erwarb das Regiment die Kesselpauken, die seitdem ein besonders stolzes Besitztum des Regiments darstellen. Dankbar waren natürlich auch die alten Schwedter Dragoner für diese Entdeckung des Regiments. Wußten sie doch, daß von nun ab diese ihnen allen so vertrauten und liebgewordenen Erinnerungsstücke ihres alten Regiments in würdigem Besitz und sicherer Obhut sein würden.

Aus dem Jahre 1933 ist noch zu berichten, daß der damalige Obermusikmeister Klamberg am 27. Januar sein 25jähriges Musikmeister-Jubiläum beging. Am Abend dieses Tages fand im Kasino eine Feier statt, bei welcher nicht nur das gesamte Offizierskorps durch den Mund des Regiments-Kommandeurs, sondern auch eine große Anzahl von Freunden und Bekannten aus Stadt und Land den ältesten Soldaten des Regiments herzlichst beglückwünschten. Da zeigte es sich, wie Obermusikmeister Klamberg mit seinem vorbildlich geleiteten Trompeterkorps, das weit über die Grenzen der kleinen Garnison Pasewalk hinaus bekannt geworden und auch oft im Rundfunk zu hören war, die Herzen gewonnen hatte.

Hierbei sei auch erwähnt, daß sich Obermusikmeister Klamberg nicht nur auf die eigentliche Domäne der Militärmusik, die Blasmusik, beschränkte, sondern so wie heute auch damals schon auf gute Streichmusik den größten Wert legte. In den verschiedenen Wintern wurden Symphoniekonzerte veranstaltet. Gespielt wurden Symphonien von Beethoven, Mozart, Schubert und Haydn. Auch namhafte Solisten wurden hierzu herangezogen, wie z. B. Walter Kirchhoff und Professor Max Saal. In besonderer Erinnerung verblieben die besonders schönen und großen Kirchenkonzerte in Pasewalk und Schwedt.

Stabs-Schwadron Pasewalk 1934

Im Jahre 1934 wurde durch eine Teilung der bisherigen 1. Schwadron die Stabsschwadron aufgestellt. Die 1. Schwadron bestand nunmehr aus dem M.G.-Zug und dem Minenwerferzug, die Stabsschwadron aus dem Pz.-Abw.-Zug und dem Nachr.-Zug.

Am 1. April schied der Regiments-Kommandeur, Generalmajor von der Schulenburg, der am 1. Dezember 1933 zu diesem Dienstgrad befördert worden war, aus dem Heeresdienst aus. Sein Nachfolger wurde Oberstleutnant Hannemann. Seinen alten Kommandeur ehrte der Standort Pasewalk am 4. April durch einen großen Zapfenstreich zu Pferde, dem sich ein Vorbeimarsch der Schwadronen beim Fackelscheine anschloß.

Nachdem das Regiment in diesem Jahr infolge des Um- und Aufbaues des Heeres nur kurze Zeit auf dem Truppenübungsplatz Altengrabow verbracht hatte, erfolgte Ende August, Anfang September die Verlegung nach Schwedt. Hiermit ging ein lang ersehnter Wunsch in Erfüllung. In Pasewalk und Demmin trauerte man. Demmin, und besonders Pasewalk, bargen ruhmreiche Reiter-Tradition in ihren Mauern. Nun zogen die Reiter plötzlich auf Nimmerwiedersehen zum Tore hinaus. Aber das half nichts. Dem Zwange der Zeit mußte gehorcht werden. In Demmin wurde eine Remonteschule untergebracht, während Pasewalk Garnison einer Nachrichten-Abteilung wurde, die zum größten Teil motorisiert war. Schon vor dem Auszug der Schwadronen zeigte die schöne alte Kürassier- und Reiterkaserne ein trauriges Bild. Ein großer Teil der Ställe wurde in Kraftfahrzeughallen umgebaut!

In Schwedt jedoch war die Freude groß. Da aus bestimmten Gründen keine offiziellen Feiern stattfinden durften, fand sowohl der Auszug aus Pasewalk und Demmin wie das Eintreffen in Schwedt in aller Stille statt. Am 14. September jedoch, als auch die 1. Schwadron als letzter Teil des Regiments in Schwedt eingetroffen war, erfolgte ein großer Ummarsch durch die Stadt, der den Bürgern von Schwedt zum ersten Male ihr ganzes Regiment zeigte, das ab 1. Oktober den Namen „Reiter-Regiment Schwedt“ führte.

Die Unterbringung war zunächst sehr behelfsmäßig, da die Kaserne sich noch im Bau befand. Es wurden zunächst Baracken und Zelte als Notunterkünfte für Mann und Pferd errichtet. Das gesamte Kasernengrundstück bot zunächst ein Bild wilden Durcheinanders und Getriebes, überall auf dem gesamten, recht umfangreichen Gelände wurden gleichzeitig gebaut: Mannschaftshäuser, Kammergebäude, Reitbahnen und Fahrzeughallen. Überall wurde gegraben, aufgeschüttet, ausgeschachtet, vermessen, Grundmauern errichtet und auf allen etwa noch vorhandenen Plätzen Baumaterial aufgestapelt. Hunderte von Arbeitern wimmelten durcheinander!

Doch schritt der Bau rüstig vorwärts. Bereits im November konnten die Ställe und im Juni 1935 die Mannschaftshäuser bezogen werden. So entstand für das Regiment in kürzester Zeit eine sehr schöne, zweckmäßige neue Kaserne, die der damalige Inspekteur der Kavallerie, Generalleutnant Knochenhauer, bei seiner Anwesenheit in Schwedt im Winter 1934/35 als die schönste und modernste Reiterkaserne Deutschlands bezeichnete. Einen besonderen Anziehungspunkt für alle Besucher der Kaserne boten die kunstvollen Wandmalereien des Malers Seidel in den Kantinenräumen des Wirtschaftsgebäudes. Hier waren nicht nur fast lebensgroße Ausschnitte aus einer Reiterjagd und die gesamten Uniformen des Schwedter Dragoner-Regiments von der Regimentsgründung bis zum Traditions-Truppenteil verewigt, sondern auch sämtliche Geschichten des berühmten tollen Markgrafen von Schwedt.

Zu erwähnen ist noch, daß am 1. Oktober die 1. und 5. Schwadron ihre Nummern wechselten, da von jetzt ab bei der Kavallerie alle M.-G.-Schwadronen die Nr. 5 tragen sollten. Auch die Bezeichnung „Eskadron“ wurde am 13. Oktober durch das Wort „Schwadron“ ersetzt. Die Stabsschwadron wurde motorisiert und bestand nunmehr aus dem Pionier-Zug und dem Kampfwagen-Abwehr-Zug. 1935 kam noch der Panzer-Spähtrupp hinzu. Der Nachr.-Zug wurde einer berittenen Schwadron angegliedert.

Der Winter 1934/35 stand zum erstenmal im Zeichen der vielen Rekruten. Wenn früher eine Schwadron zehn bis zwölf Rekruten gehabt hatte, so hatte sie nun rund 100 Mann auszubilden. Eine große Anzahl der bewährten alten Unteroffiziere hatte an andere Truppenteile abgegeben werden müssen. Somit war die Aufgabe keine leichte. Daß sie jedoch erfolgreich gelöst wurde, bewies der gute Ausfall der Winterabschluss-Besichtigung im Frühjahr 1935.

Mai/Juni 1935 befand sich das Regiment auf dem Truppenübungsplatz Sennelager. Mitte Juni wohnte der türkische Inspekteur der Kavallerie mit dem türkischen Militärattaché dem Dienst des Regiments bei.

Platzmusik in Sennelager 1935
Platzmusik in Sennelager 1935
Schießstand in Sennelager 1935
Schießstand in Sennelager 1935

Die 4. Schwadron wurde vom 22. bis 24. Juni zusammen mit einem M.-G.-Halbzug und dem Trompeterkorps zum Tage der deutschen Kavallerie nach Hamburg kommandiert. Hier fand u. a. vor dem Generalfeldmarschall von Mackensen am Alsterufer ein großer Zapfenstreich statt.

Mitte Juli gab sich fast die gesamte deutsche Presse in Schwedt ein Stelldichein, um über eine große kriegsmäßige Schwimmübung des Regiments zu berichten. Auch in den Tonfilm-Wochenschauen wurden Ausschnitte aus der Übung und von dem Einmarsch des Regiments in Schwedt gezeigt.

Ende September, Anfang Oktober waren beim Regiment der kgl. italienische Major da Zara und der finnische Leutnant Paananen kommandiert. Sie nahmen an den Brigadeübungen im Raume Prenzlau--Woldegk teil.

Zum 21. und 22. September hatte das Offizierskorps alle Offiziere, die seit seiner Gründung im Regiment standen, zu einem Regimentstage in Schwedt aufgefordert. Anläßlich dieses Feiertages wurde erstmalig der große Zapfenstreich von der Schloßrampe herab geblasen. Dieses besonders schöne und feierliche Bild der durch Fackelträger eingesäumten Wege des alten Schloßgartens und der ebenfalls durch Fackelträger beleuchteten Rampe des Schlosses verdankte sein Entstehen einer Idee des Regiments-Kommandeurs Oberst Hannemann. Für einen jeden, der es einmal sah, ist dieser Anblick für alle Zeiten unvergesslich. Besonders eindrucksvoll und ernst klang der große Zapfenstreich und das Gebet in die stille Nacht hinaus.

Am 1. Oktober übergab Oberst Hannemann das Regiment an seinen Nachfolger Oberstleutnant von Lenski. Dieser stand von vornherein in besonders nahen Beziehungen zum Regiment. War er doch alter Grenadier zu Pferde, also Angehöriger eines der Regimenter, deren Tradition vom Regiment geführt wurde. Aber nicht nur das, er war bereits schon einmal Angehöriger des Reiter-Regiments 6 gewesen.

Am 15. Oktober 1935 erhielt das Regiment wieder eine neue Bezeichnung. Es nannte sich jetzt nicht mehr „Reiter-Regiment Schwedt“, sondern „Reiter-Regiment 6“.

Die Vereidigung der jungen Rekruten in diesem Jahr stand unter einem besonderen Zeichen:
Am gleichen Tage wurde die neue Reichskriegsflagge feierlich der Wehrmacht verliehen. In Schwedt was das ganze Regiment im offenen Viereck auf dem großen Appellplatz angetreten und erwies unter den Klängen der Paradepost dem neuen Zeichen die erste Ehrenbezeigung.

Im Frühjahr 1935 waren die ersten Gerüchte über eine beabsichtigte Verlegung des Regiments aufgetaucht. Man bemühte sich, vorerst nicht daran zu glauben, und hoffte daß zumindest die neue Kaserne die Garnison dem Regiment sichern würde.

Ende November lud der Bürgermeister der Stadt Schwedt im Namen des Magistrats und sämtlicher Ratsherren und Stadtverordneten das Offizierskorps des Regiments und Unteroffizier-Abordnungen des Stabes und der Schwadronen zu einem großen Bierabend im Sitzungssaal des Rathauses ein. Dieser Abend, zu welchem als Gäste auch Abordnungen der Behörden, der Partei und ihrer Gliederungen erschienen waren, sollte die innige traditionelle Verbundenheit zwischen Stadt und Regiment bekunden und bekräftigen, dieses besonders gute und herzliche Einvernehmen, wie es schon Jahrhunderte hindurch mit dem alten stolzen 2. Dragoner-Regiment bestanden hatte! Der Abend erfüllte seinen Zweck voll und ganz. Der Saal bot im Scheine der vielen Kerzen und im Adventsschmuck der grünen Tannengewinde ein festliches Bild. Eine lange, hufeisenförmige Tafel war gedeckt, an welcher bunt durcheinander Offiziere, Bürger, Ratsmitglieder, Behördenvertreter, Unteroffiziere, Beamte und Parteiangehörige saßen. In einer längeren Ansprache führte Bürgermeister Wagemann aus, wie aufrichtig und groß die Freude in der alten und schönen kleinen Reiter-Garnison gewesen sei, als vor einem Jahr sich die Kunde der Verlegung des Regiments nach dort verbreitete. Seit dem Zusammenbruch im Jahre 1918 und nach Auflösung des stolzen 2. Dragoner-Regiments sei dies der sehnlichste Wunsch aller Schwedter gewesen. Dann endlich wäre der große Tag gekommen. Die Würfel fielen endgültig zugunsten der Garnison Schwedt. Nun sei im kleinen Schwedt wieder ein ganzes Regiment versammelt, und wenn es auch nicht die alten Dragoner selbst wären, so seien es doch die Träger dieser ruhmreichen und stolzen Tradition. Er wünschte im Namen der Stadt dem Regiment in Schwedt ein glückliches Bestehen und eine gute Zukunft. Der Regiments-Kommandeur, Oberstleutnant von Lenski, dankte dem Bürgermeister für seine herzlich empfundenen Worte und versicherte, daß das Regiment glücklich und dankbar sei, mit allen seinen Teilen in diese alte Reiter-Garnison eingekehrt zu sein. Er wies auch auf die schöne neue Kaserne hin, die nun der Stadt Schwedt ein neues Wahrzeichen aufgedrückt habe. Auch er gab der Hoffnung Ausdruck, daß das Regiment nunmehr endgültig hier seine Heimat gefunden habe.

Im Jahre 1935 wurden die ersten Reserve-Offiziere des Regiments ernannt. Im Rahmen des Heeresaufbaues war befohlen worden, wie einst vor dem Kriege ein Reserve-Offizierskorps aufzubauen. Beim Regiment zeigten sich auch hier die starken Bindungen der Tradition: ein großer Teil der nun wieder Reserveübungen ableistenden ehemaligen Offiziere entstammte den alten Traditions-Regimentern. Sie wurden dann auch entsprechend den betreffenden Traditions-Schwadronen zugeteilt.

Der junge Ersatz des Reserve-Offizierskorps ergänzte sich aus dem Regiment selbst.

Das Jahr 1936 begann beim Regiment mit einem künstlerischen Ereignis ersten Ranges: Mit einem Schloßkonzert im großen Saal des Schlosses zu Schwedt bei Kerzenlicht und Kaminfeuer, dazu die Trompeter in friederizianischen Kostümen. Seine Majestät der Kaiser hatte großzügig die Genehmigung zur Veranstaltung des Konzertes gerade an dieser Stelle gegeben. Alte Zeiten schienen wieder aufzuerstehen, als dann der flimmernde Glanz der vielen Kerzen den historischen Saal erhellte, das Feuer in den Kaminen knisterte und 16 Trompeter in der alten Tracht, vom Obermusikmeister Klamberg angeführt, den Raum betraten. Gespielt wurde Kammermusik von Händel, Bach,  Friedrich dem Großen und Mozart. Groß war der Beifall des bis auf den letzten Platz gefüllten Saales. Der Inspekteur der Kavallerie, Generalleutnant von Pogrell, war unter den Gästen. Er sprach dem Obermusikmeister Klamberg seinen ganz besonderen Dank für diesen künstlerischen Genuß aus, wie er in dieser Gestalt und solcher Vollendung bisher noch von keinem Trompeterkorps geboten worden war.

Am 27. Februar alarmierte der Oberbefehlshaber des Heeres, General der Artillerie Frhr. von Fritsch, plötzlich früh um 4:30 Uhr das Regiment, das sofort zu einer Übung gegen das Kraftrad-Schützen-Bataillon 3, Freienwalde, ausrückte.

Anschließend an die Übung besichtigte der Herr Oberbefehlshaber eingehend die neue Kaserne. Er war sichtlich beeindruckt von der schönen und zweckmäßigen Anlage, besonders von den großen weiten Reitplätzen.

Am 25. März wurde in Schwedt der alte, allen bekannte Dragoner-Wachtmeister August Kramer begraben. Zahlreiche Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften des Regiments gaben ihm das Geleit. Auch seine Exzellenz, der General der Kavallerie a. D. von Poseck, der Generalleutnant Frhr. von Wilmowsky und der Generalmajor a. D. von der Schulenburg, der ehemalige Kommandeur des Regiments, waren anwesend. Es ist wohl das schönste Zeichen für die alte Schwedter Tradition, daß ein General der Kavallerie als ehemaliger Kommander der 2. Dragoner es sich nicht nehmen ließ, seinen alten treuen Wachtmeister zur letzten Ruhe zu geleiten! Am bezeichnendsten aber für die Fortführung der alten Tradition für das Reiter-Regiment 6 ist wohl dies, daß an diesem Grabe neben den drei Generalen als alten Waffengefährten des Toten, dessen Sohn in der Uniform des Reiter-Regiments 6 stand, mit dem gleichen Traditionsabzeichen an der Mütze, das sein Vater während seiner langen Dienstzeit getragen hatte, dem Schwedter Adler.

Zum erstenmal wurde in diesem Jahr der Geburtstag des Führers und Obersten Befehlshabers der Wehrmacht in allen Standorten mit großen Truppenparaden begangen. In Schwedt fand eine Parade zu Pferde auf dem Exerzierplatz statt, der sich ein Einmarsch über die Schloßfreiheit anschloß.

Mitte Juni ging beim Regiment der Befehl ein, daß der Oberbefehlshaber des Heeres die Verlegung nach Darmstadt befohlen hätte. Nun mußten also alle Hoffnungen, die sich an ein Verbleiben des Regiments in Schwedt knüpften, fahren gelassen werden. Das Regiment würde aber nicht nur seine alte liebe Garnison, sondern auch alle seine Traditionen verlieren. Dies war besonders schmerzlich, denn die Pflege der Traditionen war seit der Gründung des Regiments vorbildlich gewesen und jede einzelne Schwadron hing an ihrer Tradition und war stolz darauf. Waren auch im Laufe der Zeit die alten Kürassiere, Dragoner, Grenadiere zu Pferde und Ulanen, die letzten Kriegsteilnehmer, verschwunden, der Geist blieb erhalten. Die Treue zum alten Regiment blieb wach, und die Söhne traten an die Stelle der Väter. Allmählich hatte sich ein fester Rekrutierungsbezirk aus den Kreisen der Traditions-Regimenter gebildet. Ganz von selbst ergab sich so eine unmittelbare Fortführung der Traditionen sowie ja auch die alten Regimenter unmittelbar im Reiter-Regiment 6 aufgegangen waren. Liebevoll wurden Erinnerungs- und Traditionsstücke gesammelt. Jede Schwadron verfügte über ein kleines Museum von Uniformen, Urkunden, Bildern, Waffen und Orden -- anschaulicher Unterricht für den jungen Rekruten, der im Stolz auf das Regiment seiner Tradition erzogen werden soll. Von den Wänden des Kasinos grüßten die alten Symbole, die Bilder der alten Kommandeure und Darstellungen von den Waffentaten von einst. Feierlich wurden die Ruhmestage begangen, sorgsam die Denkmäler der Gefallenen gepflegt und die Regimentsgeschichte gelehrt und lebendig erhalten in den jungen Soldaten. Umgekehrt hatten die alten Soldaten in den Traditions-Schwadronen wieder eine militärische Heimat gefunden.

Das alte Regiment war mit dem alten Heer zerschlagen, aber im neuen Heer war es wieder auferstanden, wenn auch nur als eine einzige Schwadron. Für die Grenadiere zu Pferde und die 12. Dragoner, die ihre alte Garnison verloren hatten, war die Traditions-Schwadron das einzige lebendige Vermächtnis ihrer alten Regimenter, und deshalb doppeltes Symbol der Tradition geworden. Bei allen sich bietenden Gelegenheiten war die innere Verbundenheit zwischen dem jungen Regiment und der alten Tradition hervorgetreten.

Nun sollte das Regiment diese alten Traditionen verlieren. Sie würden später, am neuen Standort, nicht mehr an die alte Heimat erinnern! Auch den Schwedter Adler würde man ablegen müssen. Jedem wurde klar, daß mit dem Auszug aus Schwedt und mit dem Verlust der alten Traditionen ein völlig neuer Abschnitt in der Geschichte des Regiments beginnen würde.

Altengrabow 1936

Der Sommer sah das Regiment auf dem Truppenübungsplatz Altengrabow und im August mit dem Reiter-Regiment 9 zusammen auf einer Sperrübung in der Gegend Fürstenwalde--Scharmützelfee. Die Herbstmanöver fanden am Nordostrand des Harzes statt und boten somit allen Regimentsangehörigen nicht nur sehr viel Lehrreiches, sondern auch die Gelegenheit, eine besonders schöne Gegend deutschen Landes kennenzulernen. Ab 1. Oktober erhielt das Regiment wieder eine neue Bezeichnung, und zwar nennt es sich von nun an „Kavallerie-Regiment 6“.






Am 3. November 1936 wurde die letzte Hubertusjagd in Schwedt geritten

Hubertusjagd, Schwedt 1936 Aufbruch zur Jagd











Der Winter 1936/37 verging in anstrengender, angespannter Arbeit, da sich die Zahl der Rekruten noch vermehrt hatte. Ende November, Anfang Dezember begaben sich der Regiments-Kommandeur und die Schwadronchefs zum erstenmal in die neue Garnison Darmstadt. Man sah dort, daß das Regiment leider die schöne neue Kaserne gegen eine alte würde eintauschen müssen. Lediglich für neu aufzustellende Radfahrabteilungen waren Neubauten vorgesehen.


Am 1. Januar 1937 sahen die Schwedter Straßen zum letztenmal das Neujahrswecken des Kavallerie-Regiments 6. Am 11. Februar fand im Rahmen des Winterhilfswerks das letzte große Sinfoniekonzert des Trompeterkorps statt. Am Heldengedenktag, Sonntag, dem 21. Februar, gedachte, wie alljährlich, das Regiment in einem feierlichen Appell auf der Schloßfreiheit zusammen mit allen Verbänden und der Bevölkerung der Toten des großen Krieges. Anschließend fand auf der Schloßfreiheit ein Vorbeimarsch vor dem Regiments-Kommandeur statt. Am 22. März beging Oberstleutnant von Lenski sein 25jähriges Militär-Jubiläum.

Die diesjährige Feier des Geburtstages des Führeres und Obersten Befehlshabers der Wehrmacht stand beim Regiment unter dem Zeichen der neuen Standarte, die am Vorabend, am 19. April, auf dem Wilhelmsplatz in Berlin zusammen mit den Fahnen und Standarten vieler anderer Brandenburgischer Regimenter verliehen wurde. Die Standartenabordnung bestand aus dem Regiments-Kommandeur, Oberstleutnant von Lenski, den Leutnanten Hoepner und von Humbert als Standartenoffizieren und dem Unteroffizier Handt der 1. Schwadron als Standartenträger.

Am Morgen des 20. April wurde die Standarte durch die Standarten-Schwadron (1. Schwadron) feierlich am Bahnhof eingeholt. Indessen war das Regiment auf dem Exerzierplatz in Paradeaufstellung aufmarschiert. Als die Standarten-Schwadron um 11:00 Uhr dort eintraf, führte der Regiments-Kommandeur die Standarte unter den Klängen der Paradepost und des Hohenfriedbergers an der Front des Regiments vorbei. Anschließend hieran formierte sich das Regiment zum Parademarsch, der im Trabe geritten wurde. Zum erstenmal folgte das Regiment seiner Standarte. Nach der Parade zog das Regiment über die Schloßfreiheit in die Stadt ein. Die Bevölkerung Schwedts, die am frühen Morgen in großen Scharen zum Exerzierplatz hinaus gepilgert war, umsäumte jetzt die Straßen. Vor allem auf der Schloßfreiheit staute sich eine Riesenmenge.

Wie auch schon verschiedentlich während des Winters, fanden im Mai Filmaufnahmen beim Regiment statt. Es war wieder die Filmproduktion Lieberenz. Herr Paul Lieberenz, ein berühmter Tierfotograf, der schon Afrika, Grönland und in den Steppen Asiens, zeitweilig auch im Gefolge Swen Hedins gefilmt hatte, war beim Regiment inzwischen schon ein guter Bekannter geworden. In Schwedt wurde ein Film für die Wehrpropaganda gedreht, der nicht nur die Freuden und Leiden, den schönen Dienst des Reitermannes zeigen sollte, sondern auch die Schwedter Landschaft, die Traditionsgeschichte des Kavallerie-Regiments 6 und manche Anekdote vom tollen Markgrafen in seiner Handlung umschließen wird.

Am 29./30. Juni zeigten Stadt und Kaserne ein festliches Bild. Die ehemaligen Grenadiere zu Pferde hatten zu einem großen Treffen aufgerufen, um zusammen mit der Traditions-Schwadron, der 3., eine Wiedersehensfeier zu veranstalten. Doch auch einen  anderen Anlaß noch hatte dieser Appell. Es galt Abschied zu nehmen -- für die alten Grenadiere vom Kavallerie-Regiment 6 -- vor allem von der 3. Schwadron, die diese stolze, uralte Reiter-Tradition 17 Jahre lang in Ehren geführt hatte. Es galt Abschied zu nehmen auch für die 3. Schwadron, die ihre Tradition verlieren sollte wie alle die anderen Schwadronen des Regiments. Immer wieder kam an diesen beiden festlichen Tagen neben dem Gefühl der Freude über diese große schöne Wiedersehensfeier der alten Kameraden der Schmerz über die bevorstehende Trennung und die Zerstörung des bewährten Traditionsverhältnisses zum Ausdruck.

Doch blieben die Grenadiere nicht die einzigen Festgäste in Schwedt. Die Kameradschaften Berlin und Stettin kamen am 28. Juni, nachmittags, ebenfalls nach Schwedt, um noch ein letztes Mal mit den beiden Traditions-Schwadronen, der 2. und 4., zusammen zu sein. Der Führer der Berliner Kameradschaft, Herr Grünbein, überreichte den beiden Schwadronen in einer feierlichen Ansprache eine wunderbare Pferdeplastik als Erinnerungsstück an die ehemaligen 2. Dragoner. Wehmütig war dieses letzte Zusammensein. Als die alten Dragoner in Omnibussen am Abend wieder davonfuhren, war die Schloßfreiheit schwarz von Menschen. Jeder empfand in diesem Augenblick, wie die Uhr schon anzuheben schien zum Schlag der Trennungsstunde von der alten lieben Garnison, wie der Vorhang sich zu senken begann, abschließend einen niemals wiederkehrenden Abschnitt in der Geschichte von Stadt und Regiment.

Wenige Tage später rückte das Regiment auf den Truppenübungsplatz Altengrabow. Am 6. Juli, abends, verließen die ersten Transportzüge die Garnison, am 7. Juli, morgens, die letzten. So manchem fuhr es durch den Sinn: das nächste Mal, wenn’s mit aufgeschnalltem Gepäck und dem ganzen Troß zum Tore hinaus geht, gibt’s keine Wiederkehr . . .

Altengrabow_1937_1
Altengrabow_1937_1
Altengrabow_1937_2
Altengrabow_1937_2
Altengrabow_1937_3
Altengrabow_1937_3

Nach Beendigung des Truppenübungsplatz-Aufenthalts hatte das Regiment zusammen mit anderen Truppen größere Aufklärungsübungen im Raume Angermünde--Zehdenick--Neuruppin--Liebenwalde, die durch den Höheren Kavallerieoffizier 1, Generalmajor Stumme, geleitet wurden. Nach einem Ruhetag in und um Zehdenick, am 8. August, erfolgte am 9. August der Rückmarsch nach Schwedt. Durch die Schorfheide über Angermünde zog das Regiment schwadronsweise der Garnison zu. Das letztemal marschierten die Reiter während dieser Tage auf den Straßen und Wegen durch die weiten Wälder und an den blauen Seen der Mark vorbei. Wie heimatlich, wie vertraut war diese Landschaft! Wie oft hatte man sie durchzogen in allen Himmelsrichtungen, hatte hier und dort im Quartier gelegen, Bekanntschaften, Freundschaften geschlossen. Dieses Land war wahrlich die Heimat des Regiments. Aber nicht nur die Liebe zur Heimat band den Reitersmann an den märkischen Boden, sondern auch die Tradition. Hier liegen ihre Wurzeln. Heimat und Tradition! Beides wird das Regiment nun verlieren.

So ging es denn am letzten heißen Tage durch Wald und Feld, über Berg und Tal, und als dann mittags in der Ferne die Türme von Schwedt auftauchten, da griffen, wie bei jeder Rückkehr, die Pferde weiter aus, die heimatlichen Ställe witternd.

Als dann die Hufe auf dem Straßenpflaster klapperten und die alten Reitermärsche an den Häusern widerhallten wie vor 200 Jahren schon, da kehrte das Regiment zum letztenmal in die alte Garnison zurück! Der Bürgermeister Wagemann hatte diesen Einmarsch besonders festlich gestaltet, indem er dem Regiments-Kommandeur aus dem silbernen Ehrenbecher der Stadt Schwedt den Willkommenstrunk bot. Das Regiment wird ihm dies niemals vergessen!

Der Zeiger eilt, bald werden nur noch Tage, bald Stunden nur noch vom letzten Augenblick des Scheidens trennen. Die Abschiedsfeierlichkeiten werden vorüberziehen, ein Feldgottesdienst und ein großer Zapfenstreich zu Pferde werden sie beenden. Dann werden die Reiter zum letztenmal in der alten schönen Kaserne die gesattelten und bepackten Pferde besteigen und zum Tore hinausreiten, und nach einem letzten Abschiednehmen auf dem Bahnhof werden dann die Transportzüge rollen, einer nach dem andern. Am Bahnübergang an der Vierradener Chaussee wird der alte getreue Freund des Regiments, Mertens, zum letztenmal die Schranken für die 6. Reiter herunterlassen. So werden sie davonfahren mit Mann und Roß und Wagen. Niemals aber werden sie die alte Heimat vergessen, aus der sie nun hinausziehen auf Nimmerwiederkehr: die kleine Stadt und uralte Reiter-Garnison Schwedt (Oder).

Schloßfreiheit, Schwedt


Uniformen der Schwedter Reiter